Brandenburg 4

Leo fällt aus dem Bett und in den Rosenbusch

Leo fällt morgens um 5 aus dem Bett, schaut aus dem Fenster und staunt. Nebelbänke stehen über den Feldern. Raus, Richtung Sonnenaufgang!  Wir stapfen den Feldweg entlang und sind begeistert, denn Morgenrot, Nebel und Vögel ergeben zusammen einen unwiderstehlichen Kitschmix, der festgehalten werden muss. Vögel kennen keine Morgenmuffelei. Sie schwirren und zwitschern, kreisen und rufen, schweben und beobachten, schreiten und trompeten (wenn sie Kraniche sind).

Der Tag wird heiß - sehr heiß. Wir beschließen, nachdem wir die Morgenbilder gesichtet haben, in den schattigen Plagefenn zu gehen. Das ist ein Moor im Biosphärenresertvat Schorfheide Chorin, seit hundert Jahren Naturschutzgebiet und von Wald umgeben. Rein darf man nicht, aber rumgehen und reinsehen geht. Schwitzend bekommen wir eine Ahnung vom Moor, von all den seltenen Tieren, die hier eine sichere Zuflucht und  in all der Unordnung herrliche Verstecke gefunden haben, so dass sie nicht zu sehen sind. Wir sehen also keinen Schwarzstorch, keinen Trauerschnäpper, keinen Kranich, keinen Wespenbussard..... Allerdings ist es dermaßen einsam und still, dass man die Ohren weit aufsperrt und nun das Rascheln, das Knacken, das Klopfen der unsichtbaren Tiere hört. Wir haben das deutliche Gefühl, dass wir beobachtet werden. Fast ist es ein wenig unheimlich.

Wir treten aus dem Wald - 36 Grad und schreien nach Siesta. Die heißeste Zeit des Tages verbringen wir im Bett, um abends noch einmal den Feldweg des Morgens zu gehen. Endlich ist die Luft nicht mehr flirrend-unerträglich.

Ein Gewitter wäre großartig, aber wir hoffen vergebens. Ich setze mich in der Finsternis auf die Holztreppe, um eine letzte Zigarette zu rauchen und dabei in den klaren Sternenhimmel zu träumen. Leo will mir Gesellschaft leisten, verschätzt sich und sackt in äußerster Selbstbeherrschung tonlos und klaglos rechts in den Rosenbusch. Sein leuchtend weißes Hemd rauscht einfach nach unten und macht ein dumpfes Geräusch. Er ist ein Held!


P.S: Hätte ich nur den letzten Absatz der AGB gelesen.